Am Montag, 3. Juli 2017 fand im Grezzana-Saal des Historischen Bodenheimer Rathaus die Eröffnung der Portrait-Galerie der „Ehemaligen Bodenheimer Bürgermeister“ statt. Auf dieser Seite finden Sie das Rede-Script des Ortsbürgermeisters Thomas Becker-Theilig.
Sehr geehrte Damen und Herren,
in meiner Funktion als amtierender Ortsbürgermeister heiße ich Sie im Namen der Gemeinde Bodenheim allesamt ganz herzlich willkommen.
Neben den geladenen Gästen, nämlich den Mitgliedern des derzeitigen Gemeinderates, aber auch zurückliegender Gemeinderäte, den Vertretern der Presse, heiße ich vor allem die Familienmitglieder der ehemaligen Bürgermeister willkommen. Unter uns begrüße ich meinen direkten Amtsvorgänger, Alfons Achatz mitsamt Ehefrau Petra und dessen Familienangehörigen. Horst Kasper als Vor-Vorgänger-Bürgermeister muss sich wegen einer Terminüberschneidung entschuldigen.
Bewusst habe ich aber auch die allgemeine Öffentlichkeit zu dieser Veranstaltung eingeladen. Die Resonanz auf diese Veranstaltung, das zahlreiche Kommen von ihnen, sehr geehrte Anwesende, zeigt die Richtigkeit und Bedeutung dieser Veranstaltung. Der große Andrang verlangt von uns, dass wir ein wenig improvisieren und zusammenrücken müssen.
Dass diese Veranstaltung überhaupt zustande kam, verdanken wir den Angehörigen der ehemaligen Bürgermeister, in dem z.T. historisches Familien- Bildmaterial zur Verfügung gestellt wurde, aus denen dann die Portraits entwickelt wurden. Die heutige Veranstaltung zeigt aber auch die Wichtigkeit und Richtigkeit sich einen Kulturbeauftragten zu leisten. Deshalb begrüße ich und danke Bernhard Marschall. Ohne seine historischen Aufbereitungen im vorhandenen Umfang gäbe es keine Zuordnung und keinen Zugriff auf die notwendigen historischen Daten und Unterlagen.
Zur berechtigten Frage: Warum die heutige Veranstaltung überhaupt?
Solche Portraitausstellungen finden sich auch in anderen Rathäusern und wecken immer wieder das Interesse auch der neutralen Rathaus-Besucher. Mit den Köpfen ehemaliger Bürgermeister ist die Geschichte jeder Gemeinde auf Ewigkeit verbunden. Dies ist in Bodenheim nicht anders. Die Bürgermeister, vor allem der kleinen Gemeinden, kommen meist aus der Mitte der Bürgerschaft. Mit diesen Bürgermeistern sind andere Menschen, Freunde und Verwandte verbunden und natürlich auch die Gemeindegeschichte.
Immerhin beschäftigt sich diese Galerie mit dem Blick auf die Arbeit von vierzehn Bürgermeistern unserer Gemeinde Bodenheim der letzten 133 Jahre. Bürgermeister, die jeweils mehr oder weniger, je nach der Epoche und nach den jeweiligen Gestaltungsmöglichkeiten, die Geschicke und die Entwicklungen der Gemeinde begleitet und gelenkt haben. Und mit dieser Galerie der ehemaligen Bodenheimer Bürgermeister bekommen die jeweiligen zurückliegenden Epochen Gesichter.
Es sind Menschen, im Bodenheimer Fall noch ausschließlich Männer, die Verantwortung für die Gemeinde, für das Gemeinwohl übernommen hatten. Es ist uns gelungen Portraitbilder unserer zurückliegenden Bürgermeister ab dem Jahr 1876 zu sichern und ihnen heute zu präsentieren. Von vier Bürgermeistern liegt uns bislang kein Bildmaterial vor. Die letzten zwei Wochen lassen hoffen, dass auch diese Lücken noch geschlossen werden. Denn in den letzten zwei Wochen kamen noch zwei Portraitbilder hinzu, so dass wir nicht wie im letzten Nachrichtenblatt verkündet erst ab 1913, sondern ab 1876 und somit weitere 37 Jahre Bürgermeisterhistorie mit Text und Bild dokumentieren können.
Noch folgende Anmerkungen zum Entstehen der heute präsentierten Portraitbilder. Nicht immer lagen uns eigentliche Portraitbilder vor. Aus Gruppenbildern konnten jedoch die gewünschten Portraitbilder der jeweiligen Bürgermeister herausgezoomt werden. Noch schwieriger wurde es jedoch wenn auf dem Originalbild störende Bild-Elemente entfernt werden mussten. Dies erklärt dann auch etwaige Qualitätsunterschiede zwischen den Portraitbilder.
Dann noch ein paar Anmerkungen zu den jeweiligen historischen Ausführungen in den jeweiligen Bürgermeister-Epochen. Für den Großteil der jeweiligen Zeitabschnitte zurückliegender Zeiten liegen Hinweise zu den wichtigsten Gemeindegeschehnissen vor. Es gibt jedoch Zeitabschnitte für die bislang keinerlei Recherchen und keine Auswertungen vorliegen. Dies hat zum großen Teil damit zu tun, dass es sich um Epochen handelte, in denen auf Grund von Krisen- und Kriegszeiten sich die Bevölkerung, die Gemeinde und somit auch die Bürgermeister auf die Bewältigung des Alltags konzentrieren mussten. Es galt das Leben und den Bestand zu sichern. Man hatte schlichtweg keine Ressourcen und vor allem keine finanziellen Möglichkeiten Neues zu schaffen und die Gemeinde weiterzuentwickeln.
Zum weiteren Ablauf des heutigen Abends:
Unser Kulturbeauftragter Bernhard Marschall wird Ihnen nochmals kurz etwas zur Historie unseres Bodenheimer Rathaus in Erinnerung bringen. Denn in diesem Gebäude, in diesen Räumen, wurde die Gemeindepolitik durch genau jene besagten Bürgermeister ausgestaltet.
Danach werde ich Ihnen hier im Grezzana-Saal die Portraitbilder der Bürgermeister und die mündlichen Ausführungen hierzu nacheinander präsentieren.
Im Anschluss danach werde ich mit Unterstützung von unserem Kulturbeauftragten Herrn Marschall die Portraitbilder nacheinander an den vorbereiteten Halterungen im Flur des 1. Obergeschosses und damit vor dem Ratssaal befestigen. Sie können gerne mit dazu kommen. Sie können aber auch auf Grund des beschränkten Platzes auf dem Flur zuerst Ihre Gespräche hier miteinander fortsetzen und/oder die hier vorbereiteten Köstlichkeiten genießen und nach und nach in Ruhe die Bilder später anschauen.
Bevor Sie die Galerie der ehemaligen Bürgermeister präsentiert bekommen, möchte ich kurz ein paar Anmerkungen zu unserem Aufenthaltsort machen. Der ehemalige Ortsherr von Bodenheim, Propst Anton Waldbott von Bassenheim, ließ im Jahre 1608 das hiesige Rathaus als Sitz des Ober- und Dorfgerichtes errichten. Es gilt heute als eines der prächtigsten Rathäuser in ganz Rheinhessen. Einst bildeten Kirche, Rathaus und repräsentative öffentliche Einrichtungen den Mittelpunkt eins Dorfes. In der Regel wurde ein Rathaus an einem markanten Punkt, wie etwa der Marktplatz (in größeren Orten), der Dorfplatz (in kleineren Orten) oder der Kirchenvorplatz, gebaut.
Das Bodenheimer Rathaus wurde als Teil der Bebauung des 17. Jahrhunderts am Dorfplatz errichtet und zwar als Eckhaus an der Einmündung einer Straße. Der bemerkenswerte Kastenerker veranschaulicht die Lage des Ratssaals und befindet sich an der Hauptfassade. Wahrscheinlich gab es in früherer Zeit eine ein-oder zweiarmige Außentreppe zum ersten Obergeschoss.
Zum Schluss noch zwei Besonderheiten, die nicht unerwähnt bleiben sollten. Das Gebäude besitzt prägnante Schmuckformen, wie z.B. hölzerne Wappen- und Inschriftplatten in den Brüstungsfeldern. Hinzu kommt noch opulentes Schnitzwerk der Ständer an den jeweiligen Ecken des Gebäudes sowie die zahlreichen Fratzen und Schreckensmasken. Im Brüstungsfeld des Erkers erkennt man in einem geschnitzten Relief einen Esel. Dieses Wappentier bildet die Grundlage für das heutige Ortswappen. Den Ratssaal mit Balkendecke zieren prächtige Innenstuckarbeiten. Bleibt abschließend noch festzuhalten, dass das Bodenheimer Fachwerkjuwel, das Rathaus von 1608, immer noch Sitz der Ortsverwaltung ist und auch bleiben wird. Doch nun zur Präsentation der früheren Ortsbürgermeister.
Hierzu begrüße ich Verena Kauffmann als direkte Angehörige (Ur-Enkelin). Sie verfügt über ein beeindruckendes Gemälde von Bernhard Schöller, das von mir abfotografiert werden konnte. Ich danke Dir Verena für Deine spontane Unterstützung. Bernhard Schöller war Bürgermeister von 1876 bis 1895 und über ihn und seine Zeit verfügen wir eine Menge Informationen.
Diese Epoche war auch durch die Erfindung der Dampfkesseltechnik und damit mit von der aufkommenden Industriealisierung geprägt. In dem Maße, wie die Industrie ihre Produkte perfektionierte und in einem großen Wirtschaftsgebiet konkurrierte, kam es zur Entwicklung technischer Normen. Diese technischen Standards waren eine der Voraussetzungen dafür, dass die deutsche Industrie in vielen Bereichen Weltgeltung erlangte. Auch in Rheinhessen wurde das Münz-, Maß- und Gewichtswesen vereinheitlicht. Im Reichsgebiet wurde das metrische System eingeführt. Man muss sich vorstellen, dass es erst ab 1871 ein einheitliches Währungsgebiet gab. Bis dahin musste man sich mit einer Vielzahl von Münzfüßen auseinandersetzen, die nur im Gebiet ihrer Prägeorte Gültigkeit hatten.
Die folgenden Schlagwörter und Hinweise zeigen was dieser wichtige Entwicklungsschritt mit Bodenheim zu tun hat …
Rheinbegradigung in Verbindung mit der Dampfschifffahrt, Kettenschleppenschifffahrt, Gustavsburger Hafen, MAN-Ansiedlung. Übrigens wurde das MAN-Werk in Gustavsburg zunächst nur für den Bau der Weisenauer Eisenbahnbrücke gegründet. Daraus entwickelte sich ein dauerhaftes Werk für Stahl-, Kessel- und Eisenbahnwagenproduktion. Und es schuf Arbeitsplätze. So verwundert es nicht, dass in der Amtszeit von Bernhard Schöller auch der Bau des „Amichen“ – der Neben-Bahnstrecke von Bodenheim nach Alzey, 1890 begann und 1896 endete. Bgm. Schöller versuchte seinerzeit die Kosten der Gemeinde Bodenheim an diesem Projekt zu minimieren, was letztendlich aber nicht gelang. Die Gemeinde musste rund 10 ½ % der Gesamtkosten tragen.
Bereits 1884/85 ließ der seinerzeitige Gemeinderat und Bürgermeister Schöller 1884/85 für die Beleuchtung der Straßen erstmals Laternen auf Wandarmen installieren. Dies sparte nicht nur Arbeit und Kosten, sondern die Bedienung war nun wesentlich leichter. Die größte Herausforderung für ihn als Bürgermeister war ohne Zweifel die Bewältigung der Hochwasserkatastrophe von 1882/83. Der große Anteil an Spenden für die Opfer des Hochwassers erfolgte durch seine Initiative. Er organisierte Aufrufe in den Zeitungen der Umgebung, ja sogar bis nach Nordamerika. Für seine Verdienste während der Hochwassernot erhielt er das Ritterkreuz II. Klasse.
Eine Telegraphenstelle kam 1878 und eine öffentliche Fernsprechzelle 1892 hinzu. Am 1. Juli 1894 wurde die bisherige Postagentur in ein Postamt III. Klasse umgewandelt.
Und trotz dieser enormen Entwicklung durchlebte die deutsche Wirtschaft eine Rezession, die ihre Spuren hinterließ und etliche Bodenheimer vor allem nach Amerika vertrieb.
Leider liegt uns bislang von Hilarius Becker kein einziges Bilddokument vor.
Auch historische Recherchen von der Gemeindearbeit seiner Amtszeit zwischen 1895 und 1913 liegen uns nicht vor.
Die Epoche von Hilarius Becker muss man zweigeteilt sehen. Nach Jahren der Rezession erholte sich die deutsche Wirtschaft rasant. Die Produktivität im Kaiserreiche verdoppelte sich innerhalb kurzer Zeit und wurde vor allem von der chemischen und der Elektroindustrie getragen. Auf dem Gonsenheimer Sand entstanden die Goedecker Flugzeugmaschinenwerke. Der Bau der Rheinbrücke nördlich von Mainz 1904 schloss das rechtsrheinische Gebiet, u.a. Wiesbaden, an die Kohlengebiete Westfalens und an die Bergwerke des Westerwaldes an. 1901 entstanden die Portland-Werke in Weisenau u.a. durch die Dampfmaschinentechnik begünstigt, die vor allem für die Stromerzeugung insbesondere für die gewerbliche Nutzung und Ausleuchtung der Fabriken und für die ersten elektrischen Straßenbahnen genutzt wurden. Fabrikarbeiter und Tagelöhner konnten sich die hohen Fahrpreise jedoch nicht leisten und mussten weiterhin teilweise lange Fußmärsche zur Arbeit auf sich nehmen. Es siedelten sich in Mainz 20 Druckereien (u.a. der Musikverlag B. Schott´s mit Weltruf) an, die bedeutende Mainzer Kunstschreinerei ging zur fabrikmäßigen Fertigung über. 13 Flaschen-Sektbetriebe entstanden, die von der neu gegründeten Budenheimer Glashütte mit Flaschen sowie mit Wein aus der Umgebung versorgt wurden. Zehn Bierbrauereien entstanden in Mainz, zudem Konservenfabriken, die mit Gemüse und Obst aus der Umgebung, auch aus Bodenheim versorgt wurden.
Auf der anderen Seite klang der gesamtwirtschaftliche Aufschwung auch wieder ab. Zumal die kaiserliche Reichspolitik sich durch seine auf Expansion ausgerichtete Kolonialpolitik im Ausland und somit auch von den Abnehmern ihrer angesehenen Produkte selbst isolierte und selbst eine große Staatskrise auslöste. Und längst war u.a. die Stahlindustrie auf die Produktion von Kriegsgut für den bevorstehenden 1. Weltkrieg ausgerichtet. All dies wirkte sich bis in die kleinen Gemeinden und auf die Rathauspolitik aus und lähmte zunehmend auch die gemeindliche Entwicklung.
Und nun fragen Sie sich: Warum steht der Becker-Theilig hier an diesem schön restauriertem älteren Rednerpult. Ich darf Ihnen verraten, dass die Familie Schmitt mir diesen noch aus den Amtszeiten von Hilarius Becker stammendes Rednerpult mir anlässlich der heutigen Feier dankenswerter Weise zur Verfügung gestellt hat.
Er war Bürgermeister von 1913 bis 1920. Das Portraitbild verdanken wir Ruth (Ur-Enkelin) und Ria Gottwald (Enkelin), die ich herzlich begrüße und denen ich für das Bilddokument danke. Während der Amtszeit von Heinrich David Haub erfolgte trotz schwieriger Randbedingungen die Elektrifizierung des Ortes. Angesichts des grausamen Kriegsgeschehens –glücklicherweise in der Ferne- galt es das Gemeindeleben einigermaßen in normalen Bahnen zu lenken. Den Familien der 60 im Krieg gefallenen und 32 kriegsversehrten Männern musste im und nach dem Krieg geholfen werden.
Es begann die schwierige Zeit der Weimarer Republik. Das gesamte Leben, auch und vor allem das Wirtschaftsleben Rheinhessens unterlag den Beschränkungen der französischen Besatzungsmacht. Immer wieder erklärten die Franzosen den Rhein zur Zollgrenze, die nicht überschritten werden durfte.
Er war Bürgermeister von 1920 – 1923 sowie von 1924 bis 1933. An dieser Stelle begrüße ich ganz herzlich Siegried Schmitt als Nachkomme von Bürgermeister Andreas Becker.
Seine Amtszeit war stark geprägt durch die Nachwirkungen des Ersten Weltkrieges sowie die Auswirkungen der Weimarer Republik. Infolge der „Ruhrbesetzung“ durch französische und belgische Truppen im Januar 1923 und dem Aufruf passiven Widerstand an Rhein und Ruhr zu leisten, wurden etliche Bürgermeister unserer Region –so auch Andreas Becker- von den franz. Besatzern verhaftet und ausgewiesen. Erst im Herbst 1923 beruhigte sich die Lage wieder. Bürgermeister Andreas Becker nahm seine Amtsgeschäfte im Oktober 1924 wieder auf. Nun galt es die dringendsten Probleme anzugehen. Die Gemeinde musste zusehends Kriegsbeschädigte, Kriegerwitwen und -waisen unterstützen. Des Weiteren musste sie sich um die Sicherstellung der Grundnahrungsmittel ebenso kümmern, wie um die Zuteilung von Textilien oder Kohlen. Der Bodenheimer Haushalt war geprägt durch die beginnende Inflation. So blieb es z.B. der Gemeinde selbst überlassen, ob sie den anspruchsberechtigten Rentenempfängern die Zusatzunterstützungen in Form von billigen Lebensmitteln, Brennmaterial und Kleidern zukommen ließen oder doch durch eine Geldunterstützung. Auch die Aufstellung von Haushaltsplänen war für Bürgermeister Becker kein leichtes Unterfangen. Ein großes Problem stellte in den 1920er Jahren die Wohnungsnot dar. Bgm. Becker setzte eine Wohnungskommission ein, die sowohl bei der Vergabe aller Mietswohnungen, wie auch bei der Entscheidung von der Gemeinde mitfinanzierte Neubauprojekte mitzuentscheiden hatte. Während seiner Amtszeit kam es zu Ausweisung neuer Baugebiete, u.a. an der Wormser Straße, am Mahlweg und in der Schillerstraße. Ein weiteres Thema im Gemeinderat war die Erwerbslosenfürsorge. So versuchte die Verwaltung Kriegsinvaliden durch bevorzugte Arbeitsvergabe finanziell zu unterstützen. Die 1927 eingeführte Arbeitslosenversicherung stieß auf dem Höhepunkt der Weltwirtschaftskrise 1932 an ihre Grenze. Die Arbeitslosenzahl stieg in Bodenheim enorm an. Viele Menschen lebten damals in großer Armut. Davon zeugen auch die Ratsprotokolle aus den Jahren 1931/32. Hier ging es fast ausschließlich um Anträge auf Steuer- und Mietnachlässe, Zinsstundungen, Unterstützungszahlungen sowie um Gesuche um Arbeit in der Gemeinde. Bgm. Becker entschied im August 1931, dass auf die übliche Feier zum Verfassungstag verzichtet wird, um mehr Geld für die Krisen- und Wohlfahrtsunterstützung zu haben. Durch die französische Grenzziehung entlang des Rheines waren viele rheinhessischen Firmen von wichtigen Kunden im Rhein-Main-Gebiet abgeschnitten. Dies fügte der rheinhessischen Wirtschaft schwere Schäden zu. Wirtschaftlicher Niedergang und Ruin etlicher Unternehmen waren die Folge. Die Räumung des Brückenkopfes Mainz 1930 durch die französische Besatzungsmacht gab der rheinhessischen Wirtschaft neue Impulse. Nach der Machtübernahme durch die NSDAP wurde Bgm. Andreas Becker im März 1933 abermals abgesetzt. Im August 1945 wurde Andreas Becker zum Ehrenbürger der Gemeinde Bodenheim ernannt.
Als Gemeinderatsmitglied wurde er von den französischen Behörden als Bürgermeister im Juni 1923 eingesetzt. Das Portraitbild von Karl Winhart verdanken wir seinen in/an der Spatzenmühle wohnenden gleichnamigen Nachkommen, die sich leider wegen Krankheit heute Abend entschuldigen müssen.
Karl Winhart als leidenschaftlichem Heimatforscher ist es zu verdanken, dass die Geschichte von Bodenheim schriftlich verfasst wurde. Er hatte bereits 1913 seine lokalgeschichtlichen Forschungsergebnisse zusammengefasst, aber erst im Jahre 1955 konnte sein Lebenswerk durch die Herausgabe seiner Ortsgeschichte der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Winhart hat in Jahrzehnten langer und intensiver Forschung eine Fülle von geschichtlichem Material seiner Heimatgemeinde zusammengetragen und deren Schicksal von den Anfängen bis zur Gegenwart, soweit es möglich war, zusammengestellt. Das Buch war und ist Anstoß und Ansporn für jeden, sich mit der hiesigen Geschichte genauer zu befassen. Es dient noch heute als Grundlage sowohl für Fachleute wie auch für interessierte Bürger.
Er war Bürgermeister von Juni 1923 bis Dezember 1923. Von ihm fehlt uns bislang noch ein Bilddokument.
Kaum war Karl Holler als Bürgermeister ernannt, mussten sogleich einige Probleme zügig angegangen werden. So gelang es Ihm 6 möblierte Wohnungen für die französischen Bahnbediensteten zu bekommen. Die Franzosen verlangten weiter, dass die Arbeitslosen die Bahnstrecke bewachen sollten, was diese aber ablehnten. Bgm. Holler gelang es in zähen Verhandlungen, dass die Arbeitslosen nur die Bahnübergänge zu bewachen brauchten. Außerdem gab es dafür ein 50% höheres Erwerbslosengeld, was später wieder gestrichen wurde. Auch beim Wohnungsbau zeigten sich während seiner Amtszeit erste Erfolge. Insgesamt wurden 10 Wohnungen aus dem Sonderprogramm der Kreisbauinspektion genehmigt und mit Finanzierungsverträgen abgesichert. Bgm. Holler und der Gemeinderat mussten im September 1923 bei der Kreiskasse eine Kreditaufnahme von 100 Milliarden mit einem Zinssatz von 1 % pro Tag beschließen, damit die Schulen und die minderbemittelte Bevölkerung mit Brennstoff versorgt werden konnte. In dieser Zeit musste auch der Kartoffelverkauf außerhalb der Gemeinde Bodenheim den Landwirten untersagt werden. Nicht nur die nachbarlichen Beziehungen über den Rhein war unterbunden, sondern auch der Handel. Naturgemäß litten die Allerärmsten unter den Einwohnern darunter besonders stark. Seine Amtszeit war geprägt vom täglichen Überlebenskampf jener Zeit.
Er war Bürgermeister von 1933 bis 1945.
Nach der Absetzung von Bürgermeister Becker wurde er von der NSDAP kommissarisch als Bürgermeister eingesetzt. Eine seiner ersten Maßnahmen waren die Ernennung von Reichspräsident von Hindenburg und Reichskanzler Adolf Hitler zu Ehrenbürgern von Bodenheim sowie die Umbenennung einiger Straßen. Im März 1934 wurde Anton Sauer dann offiziell Bürgermeister. In der Folgezeit saßen nur noch NSDAP Mitglieder im Gemeinderat, die bestimmt wurden. Der Rat tagte in der Folgezeit nur noch 2 Mal im Jahr. Bei der ersten Sitzung verkündete der Bürgermeister den Hebesatz und bei der 2. Sitzung gab er traditionell den Traubenlesetermin bekannt. Wie im gesamten Dritten Reich war er in seiner Gemeinde für die Propaganda-Arbeit und die organsierteren Aufmärsche zuständig. Um z.B. die Hitlerreden zu verfolgen, bekam die ganze Schule frei.
Er war dafür zuständig, die durch das Kriegsgeschehen in der Gemeinde fehlenden Arbeitskräfte durch Kriegsgefangene und zivile Zwangsarbeitskräfte zu ersetzen. Mit dem Einmarsch der Amerikaner am 22. März 1945 endete seine Amtszeit.
Von seinen Nachkommen Familie begrüße ich unter uns seine Enkelin Dagmar Pens geborene Sauer.
Nach dem Einmarsch der Amerikaner am 22. März 1945 wurde er von der Besatzungsführung als Bürgermeister bestimmt. Er führte die Amtsgeschäfte bis zum 20. April 1945. Es liegen für diese 29 Tage Amtszeit keine Angaben zu besonderen Geschehnissen und kein Portraitbild von Johann Jamin vor. Lediglich die Vorstellung, wie schwierig es in dieser Gesamtsituation wohl sein musste Gesamt-Verantwortung für eine Gemeinde zu übernehmen.
Selbiges lässt sich wiederholen für die Amtszeit von
Der ehemalige Rektor übernahm auf Weisung der amerikanischen Besatzungsführung die Amtsgeschäfte am 21. April 1945. Im Übrigen wurde Gottfried Boxheimer wegen seiner kritischen Haltung zu den Nazis nach der Machtübernahme von seinem Schuldienst enthoben. Bis zur Wahl von Hermann Weber zum Ortsbürgermeister von Bodenheim am 21. September 1946 blieb er im Amt. Von Bürgermeister Boxheimer liegt uns ein schönes Portraitbild vor. An dieser Stelle sei der Enkelin von Gottfried Boxheimer, die uns das Portraitbild zur Verfügung stellte, gedankt.
Er war Bürgermeister von 1946 bis 1961. Ich begrüße an dieser Stelle eine große Delegation seiner Nachkommenschaft. In erster Linie seine Tochter Katharina, seine Schwiegertochter Irmgard und eine ganze Reihe von Enkeln (Heribert Weber, Albert Leber, Thomas Weber …..).
Der Name Hermann Weber steht besonders in den Nachkriegsjahren für die bauliche, infrastrukturelle und wirtschaftliche Entwicklung der Gemeinde Bodenheim. Die Versorgung mit Brennstoffen war in der Nachkriegszeit ein beherrschendes Thema. So legte man z.B. die ursprünglichen acht Bäckereien zu vier zusammen. Auch wurde im Rathaus eine Wärmestube eingerichtet. Ende 1946 bekam die Gemeinde das Recht im Pfälzer Wald Holz zu schlagen. Obwohl kurze Zeit später jeder Familie bis zu drei Zentner Kohle zugeteilt wurde, wurde der Holzschlag erst im Frühjahr 1949 eingestellt. Die Schaffung von Wohnraum stand in den 1950er Jahren im Vordergrund. Während seiner Amtszeit wurde die Bereitstellung von gemeindeeigenen Grundstücken zum Wohnungsbau beschlossen und dafür sogar ein Darlehen aufzunehmen. So konnten in der Rheinallee und im Kapellengebiet neues Bauland erschlossen werden. Weitere wichtige Themen seiner Amtszeit waren die Erstellung eines Kanalplans sowie die Planung einer Kläranlage, aber auch der Beschluss zum Bau der Umgehungsstraße zur B 9, die Durchführung der Flurbereinigung im Unterfeld und der Ausbau der Hilgestraße für eine spätere Gewerbeansiedlung. Im Jahre 1956 beging die Gemeinde unter seiner Federführung dann die 1200-Jahrfeier. Hermann Weber wurde im Dezember 1978 zum Ehrenbürger der Gemeinde Bodenheim ernannt.
Er war Bürgermeister von 1961 bis 1973. Ich begrüße und danke für die Unterstützung und Euer Kommen; die Kinder von Heinz Schaub (Birgit, Johanna, Jutta, Luitgard, ……jeweils mit Anhang), seinen Bruder Hermann mit seiner Frau Doris (Braun: Margot + Erika, Hildegard Merkel). Heinz Schaub war der einzige Bodenheimer Bürgermeister, der dieses Amt hauptamtlich ausübte.
In seiner Amtszeit kam es zu einer deutlichen Ausweisung von Neubaugebieten, was zu einem Anstieg der Bevölkerungszahl führte (Setzerweg, Fichtenweg). Durch die Ansiedlung mehrerer Gewerbebetriebe (hier vor allem die Fa. Kümmerling) wurden gleichzeitig neue Arbeitsplätze geschaffen. Auch wurde die Schule umgebaut und erweitert. Der Planungsbeginn für das Baugebiet „Auf der Harle“, die Erschließungen der Neubaugebiete „An der Kapelle“ und „Setzerweg“ sowie der weitere Ausbau der Rheinallee fielen in seine Verantwortung. Unter seiner Führung wurde der Abwasserzweckverband Bodenheim/Nackenheim mit dem Bau der ersten Kläranlage gegründet. In seiner Amtszeit wurde 1968 auch das Dolles-Areal erworben. Die Partnerschaft mit der französischen Gemeinde Seurre wurde geschlossen und feiert im kommenden Jahr das 50-jährige Jubiläum.
Er war Bürgermeister von 1973 bis 1984.
Gleich zu Anfang seiner Amtszeit führte er nach der erfolgten Gebiets- und Verwaltungsreform (Gründung der Verbandsgemeinde) die Gemeinde Bodenheim als Teil der Verbandsgemeinde in eine neue Ära.
Während seiner Amtszeit wuchs die Bevölkerung weiter stetig an und es entstanden eine Reihe von Neubaugebieten (Setzerweg, Mittelweg, An der Reithalle, Eduard-von-Heuß-Straße, Westrum). Der Bau des ersten kommunalen Kindergartens am Setzerweg sowie die Sport- und Festhalle am Guckenberg sind eng mit seinem Namen verbunden. Unter seiner Federführung beschloss der Gemeinderat 1973 für insgesamt 16 Straßen die Fortführung der Kanalisations- und Straßenbauarbeiten. In den Folgejahren wurde das Dorf nicht nur vollständig kanalisiert, sondern Bgm. Kasper schuf auch die Voraussetzungen für eine moderne Abwasserbeseitigung. 1974 entwickelte er den ersten Flächennutzungsplan und definierte damit die bauplanerischen Ziele der kommenden 15 Jahre. Das südlich der Hilgestraße liegende Gewerbegebiet (Heute: Am Kuemmerling) entstand in seiner Zeit.
In den 1970er Jahre wurden durch seine Initiative die Alten-Tagesstätte und der von Jugendlichen selbstverwaltete Jugendraum im Dolles-Gebäude geschaffen. Außerdem kam es im September 1973 zur Gründung des Volksbildungswerkes. In seine Amtszeit kam es auch im September 1978 zur Gründung des Heimatmuseums. Das große Flurbereinigungsverfahren in den umliegenden Weinbergslagen zwischen Nackenheim und Laubenheim während seiner Amtszeit sind Grundlage für die heutige erfolgreiche Bodenheimer Weinbewirtschaftung. Dank des um den Ort gelegten ringförmigen Entwässerungssystems nach Starkregen bleiben im Gegensatz zu früher die Füße und Keller trocken.
Auf ausdrücklichem Wunsch von Horst Kasper (es entspricht nicht seinen Lebensvorstellungen) findet das hier zur Verfügung stehende Portraitbild vorerst nicht den Weg in den Bilderrahmen. Aus Respekt vor seiner Person und seiner Lebensleistung komme ich seinem Wunsche selbstverständlich nach.
Alfons Achatz war Bürgermeister von 1984 bis 2009.
Neben der Entwicklung und Umsetzung eines Dorferneuerungskonzepts sind noch zu nennen die Planung folgender Neubaugebiete: Kapelle (inclusive Realisierung), Ahlen und Leidhecke sowie das Gewerbe- und Einkaufsgebiet Lange Ruthe. Die Bahn-Unterführung in der Rheinallee, der Umbau des Bahnhofumfeldes, die Bahnunterführung an der Seurre-Allee, die Anbindung der Gewerbeflächen an den B 9-Zubringer, die Ansiedlung zahlreicher Gewerbebetriebe (Schwerpunkt Hightech), der Planungsbeginn für die Ortsrandstraße und der Neubau der zweiten KiTa (Wühlmäuse am Dollespark) wurden in seiner Amtszeit realisiert. Der Erwerb des Reichsritterstiftsgeländes und das bereits erworbene Dollesareal schufen die Voraussetzungen zum Bau des Altenwohn-und -pflegeheimes. Auch wurde Bodenheim 1987 als Dorferneuerungsgemeinde anerkannt. Durch die damit verbundenen Fördergelder konnten einige private Sanierungs- und Erneuerungsmaßnahmen im historischen Ortskern gefördert werden. Der Ausbau des Fremdenverkehrs hatte seinen Höhepunkt mit der Verleihung als „staatlich anerkannte Fremdenverkehrsgemeinde“ im März 1995. Seither präsentiert sich die Gemeinde mit dem Erkennungszeichen des Bodenheimer Bogens. Eine wichtige Weichenstellung für die Zukunft bedeutete der Ausbau von Dolleskeller und Dollesgalerie zum Bürgerhaus Dolles. In seiner Amtszeit wurde das 1250-jährige Ortsjubiläum 2004 und 400-Jahre Historisches Rathaus 2008 gefeiert. Er ist Begründer der deutsch-italienischen Freundschaft mit Grezzana aus der Provinz Verona, welche in diesem Jahr das 25-jährige Jubiläum feiert.